Auszug aus meinem Buch „24 Stunden“ Betreuung – zwischen Markt und Menschlichkeit (2015)

„Seit 2006 beobachte ich den Markt der häuslichen Betreuung mit seinen vorwiegend aus Osteuropa stammenden BetreuerInnen.
Inzwischen gibt es zwar zahlreiche Pflegewegweiser mit Tipps zu Pflegeberatungen und Betreuungsleistungen, doch der Verbraucher kann ohne kompetente Beratung kaum entscheiden, welchem Wegweiser er folgen soll und gerät gerade durch die unüberschaubare Vielzahl an
unterschiedlichen Angeboten und Informationen in eine Verunsicherung. Zumal sich ein pflegender Angehöriger häufig in einer Stresssituation befindet – wenn kurzfristig eine Betreuung für den alten Vater organisiert werden muss, sind viele verständlicherweise überfordert. Erschwerend kommt noch hinzu, dass der Markt der »24-Stunden-Betreuung« hart umkämpft ist. Hier von einem Haifischbecken zu sprechen, wäre vielleicht ein wenig übertrieben, doch so ganz abwegig ist es auch nicht.
Die früheren Ansprüche von einem Altern in Würde und Menschlichkeit sind längst zu einem leeren Werbeversprechen geworden – bei der Vermittlung von osteuropäischen Pflegekräften steht inzwischen oft nur noch die Wirtschaftlichkeit und der Profit im Vordergrund.
Trotzdem wird nach außen hin mit dem Aspekt der »Menschlichkeit« geworben und nur Brancheninsider wissen, dass die Vertriebler der Vermittlungsagenturen innerstrukturell meist unter einem enormen Druck stehen, betriebswirtschaftliche Zahlen und lukrative Kundenabschlüsse zu liefern. Dieses Vorgehen führt die in der Werbung dargestellte »heile Welt« einer menschenwürdigen Pflege ad absurdum. Jede Lebenssituation ist anders, das gilt auch für die Pflege und Betreuung von älteren Menschen. Deshalb
ist es meines Erachtens erforderlich, den Pflegebedürftigen in seiner Individualität zu sehen und den Familien die Hilfe zukommen zu lassen, die ihrem tatsächlichen Bedarf entspricht und die sich nicht ausschließlich am Profit orientiert. Denn auch einer häuslichen Betreuung sind natürlich ihre Grenzen gesetzt – BetreuerInnen sind ebenfalls »nur« Menschen und brauchen sowohl Nachtruhe als auch Auszeiten, sodass der Begriff »24-StundenBetreuung« eigentlich ungünstig gewählt ist. Darum wird er im Folgenden auch stets in Anführungszeichen gesetzt. Glücklicherweise steht seit einiger Zeit die Situation der Betreuungskräfte zunehmend im Fokus. Die pflegebedürftigen Personen und ihre Familien sind immer öfter an dem tatsächlichen Nettolohn der Kräfte interessiert und damit automatisch an den internen Strukturen einer Vermittlungsagentur.
Gleichzeitig werden qualifizierte Ausbildungen, Schulungen und Sprachkenntnisse der Betreuungskräfte immer wichtiger und ebenso bedeutsam wie die qualifizierte Schulung der Agenturen sowie ihrer Kundenberater „