Gewalterfahrungen im Alter

Die Redewendung vom „sicheren Hafen“ wird häufig im Zusammenhang mit den Lebensverhältnissen im Rentenalter gebraucht. Doch wie sicher sind ältere Menschen wirklich, die oft auf die Hilfe anderer angewiesen sind? Diese Frage dreht sich nicht nur um die materielle Absicherung oder die personelle Unterstützung bei Altersschwäche, sondern auch um den Schutz vor Gewalt und Kriminalität. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat zu diesem Thema Ergebnisse einer Studie zu Gefährdungen älterer und pflegebedürftiger Menschen veröffentlicht, die sich unter anderem auf die Kriminalstatistik des Bundeskriminalamtes sowie Befragungen pflegebedürftiger Personen, pflegender Angehöriger und MitarbeiterInnen von Pflegediensten stützt.

Gewalterfahrungen Pflegebedürftiger sind leider keine Ausnahme. Zwar sind die Fälle von Gewalt in Partnerschaften im höheren Alter im Gegensatz zu früheren Jahrzehnten deutlich zurückgegangen, dennoch sind ältere Personen durch ihre Gebrechlichkeit und das Angewiesensein auf Hilfe anfälliger für Viktimisierungen als junge Menschen. Sie können sich schlechter schützen und zur Wehr setzen. Hinzu kommen Barrieren bei der Inanspruchnahme von Hilfe gegen Gewalt, deren Infrastruktur bisher eher auf Opfer jüngeren und mittleren Alters ausgerichtet ist.
Der Arten der Gewaltausübung sind vielfältig und beschränken sich nicht nur auf physische Übergriffe. Gewalt beginnt bereits beim bösen Wort, bei Diskriminierungen aufgrund von nachlassender Fähig- und Fertigkeiten der Pflegebedürftigen, bei unwürdiger Behandlung. Allgemein kann man die Viktimisierung in körperliche, psychische, soziale und rechtliche Gewalt einteilen. Die körperliche Gewalt reicht von Medikamentenmissbrauch über Handlungen, die bei dem Opfer Schmerzen oder Verletzungen verursachen, bis hin zu sexuellen Übergriffen. Zur psychischen Gewaltausübung zählen Demütigungen, Beschimpfungen, Drohungen oder Manipulationen. Die soziale Gewalt beinhaltet vor allem die Isolation, zum Beispiel durch eine Kontaktsperre zu anderen Personen, die Beeinträchtigung des Lebensraums und die Verletzung der Intimsphäre. Auch können die Betroffenen Opfer von Diebstahl oder materiellem Missbrauch werden, was unter dem Begriff der rechtlichen Gewalt zusammengefasst wird.

Überforderung als Hauptgrund

Die Zahlen dazu sind erschreckend: Im häuslichen Umfeld geben 53 Prozent der Angehörigen an, innerhalb eines Jahres auf mindestens eine der genannten Arten gewalttätig gegenüber pflegebedürftigen Personen geworden zu sein. In der stationären Pflege herrscht hingegen ein großer Graubereich, was die Zahlen angeht, da Straftaten nur in seltenen Fällen bekannt gemacht und zur Anzeige gebracht werden. Der Hauptgrund für Gewalt liegt sowohl im häuslichen als auch im stationären Bereich bei Überforderung. Laut einer Infratest-Repräsentativerhebung fühlen sich 42 Prozent der pflegenden Angehörigen stark belastet. Hinzu kommen können bei ihnen dadurch Einschränkungen bei der Berufsausübung, finanzielle Probleme und Unkenntnis über die Krankheitsbilder der Patienten sowie ein mangelndes Verständnis für deren Situation. In Pflegeeinrichtungen können Personal- und Zeitmangel ein großes Problem sein, das zu Gewalt in Form von Grobheiten bei der Tagesordnung führt.
Doch wie kann man Gewalt vorbeugen? Überforderte Angehörige sollten sich in jedem Fall Unterstützung in ihrem sozialen Umfeld suchen oder professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, die ihnen Pflegearbeit abnehmen kann. Eine 24 Stunden Betreuung, wie sie von domisano angeboten wird, kann dabei eine große Entlastung sein. Eine psychische Entlastung kann durch Selbsthilfegruppen erfolgen, in denen sich ausgetauscht und Schuldgefühle besprochen werden. Auch die Pflege familiärer Beziehungen kann von Vorteil sein. In der zugrundeliegenden Studie wird außerdem darauf hingewiesen, dass mehr Öffentlichkeitsarbeit und spezielle Schulungen nötig sind, um weiter auf das Problemfeld der Gewalterfahrungen im Alter aufmerksam zu machen – also präventive Maßnahmen zu leisten. Außerdem muss der Zugang zu Hilfs- und Beratungsangeboten für ältere Opfer häuslicher Gewalt erleichtert werden.

Quelle: https://www.bmfsfj.de/blob/94188/26fade4c1250f7888ef17b68f2437673/kriminalitaets-und-gewalterfahrungen-aelterer-data.pdf